Der ursprüngliche Doktor Faustus

von Simon Venter

Es gibt vielleicht kein Werk in der deutschen Literatur berühmter als Johann Wolfgang von Goethes Meisterwerk Faust. Jedoch weniger bekannt ist die Tradition des Faust-Volksbuchs und die Herkunft der Faust-Legende. Überraschenderweise gibt es Beweise von einem wirklichen Doktor Faustus und auch eine Verbindung zwischen diesem historischen Faustus und dem Faustus von Märchen.

Die ersten Primärquellen, die einen Doktor Faustus nennen, kommen aus der frühen deutschen Renaissance und sprechen über ,,Georgius Faustus Helmitheus Hedelbergensis‘‘, ,,Georgius Sabellicus Faustus‘‘, und ,,Jörg Faustus‘‘. Diesen Namen und Universitätsaufzeichnungen deuten an, dass Doktor Faustus ursprünglich ,,Georg Helmstetter‘‘ hieß und von 1483 zu 1489 ein Student der Universität Heidelberg war. Dort studierte er Astrologie und andere neue populäre okkulte Wissenschaften der Zeit.

Nach seinem Abschluss bot Georg Helmstetter sich selbst als ein Zauberer und Astrologe an. Er nahm einen lateinischen Namen an als Zeichen seiner Hochschulbildung und in Übereinstimmung mit der humanistischen Tradition. Der Name ,,Sabellicus‘‘ verweist auf die Sabiner, bekannt als Praktiker von Okkultismus, und ,,Faustus‘‘ ist lateinisch für ,,glückverheißend‘‘. Beide Namen identifizieren dadurch Faustus als einen fähigen Wahrsager.

Abb. 1: Ein Zauberbuch zurückzuführen auf Doktor Faustus

 

Das frühe 16. Jahrhundert hindurch gewann Faustus einen großen Ruf als ein Angeber und Hochstapler bei manchen und als ein vollkommener Astrologe bei anderen. Ein Brief des Philosophen Johannes Trithemius erwähnt eine absurde Visitenkarte von Faust. Die Visitenkarte sagte auf Latein (ich übersetze):

,,Magister Sabellicus, Faustus junior, führender Nekromant, zweitbester Magier, zweitbester Hydromant, Praktiker von Astrologie, Chiromantie, Pyromantie, und hoher Mantik.‘‘

Faustus hat auch behauptet, dass er die Wunder von Jesus vollbringen konnte. Faustus hat sich viele Feinde gemacht; er zog die Verachtung von anderen Gelehrten, anderen Astrologen, und auch der protestantischen Kirche auf sich. Wir wissen wenig über den Tod von Faustus (circa 1539), aber die Legende sagt, dass der Teufel den Hals von Faustus rückwärts ausgepresst hat.

Obwohl Faustus moralisch fragwürdig war, inspirierte er eine großartige Tradition von Kunst. Was als eine Geschichte über einen ehrgeizigen, aber sündhaften Magier in Form des ursprünglichen Faust-Volksbuchs begann, wurde später das bekannte Trauerspiel über einen Mann, seine unerbittliche Suche nach Wissen, und schlussendlich seinen Niedergang. Durch ein Wunder oder Teufelswerk präserviert die Geschichtswissenschaft nur das Beste von Doktor Faustus und vergisst den Rest.

Die Faust-Ouvertüre (WWV 59) von Wagner wurde von Goethes Faust inspiriert.

Zum Reinhören: https://www.youtube.com/watch?v=VMw0EjLFPXw&

Abb. 2: Ein guter Überblick der Geschichte des wirklichen Faustus

 

Quellen: 

Goethe, Johann Wolfgang Von, and Priest, George Madison. Faust. Parts One and Two. New York: Covici, Friede, 1932. Print.

Hoelzel, Alfred. “Faust and the Fall.” Studies in Philology, vol. 82, no. 3, 1985, pp. 315–331. JSTOR, www.jstor.org/stable/4174211. Accessed 3 Apr. 2020.

Baron, Frank. Doctor Faustus : From History to Legend. München: Fink, 1978. Print. Humanistische Bibliothek : Reihe 1, Abhandlungen ; Bd. 27.

Mahal, Günther. Faust : Die Spuren Eines Geheimnisvollen Lebens. 1. Aufl. ed. Bern: Scherz, 1980. Print.

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